Prof. Dr. Orsolya Genzel-Boroviczeny
In vielen Fächern liegen die Zahl der weiblichen Studierenden schon seit Jahrzenten über 40% und dennoch spiegeln sich diese Studentinnenzahlen nicht in höheren Positionen wieder.
Warum?
Als Frauenbeauftragte, habilitierte Ärztin, Leiterin einer Neugeborenen - Intensivabteilung, Mutter zweier Töchter und Ehefrau eines Max-Plank-Direktors und Nobelpreisträgers sehe ich vielfältige Ursachen. Die Hauptursache liegt leider in der gesellschaftlichen Einstellung, deren Auswirkung man in der Pandemie exemplarisch gesehen hat. Mütter sind für die „Care Arbeit“ verantwortlich und fühlen sich auch so. Diese Fixierung auf die Mutter führt zu mangelnder Kinderbetreung, die dann als „Fremdbetreuung“ bezeichnet wird, eine unerträgliche Herabsetzung professionell ausgebildeter Erzieherinnen, aber auch von Großeltern und anderen Verwandten. Dies wirkt stark bei jungen Frauen nach, die und ihr Rückzug aus dem Beruf / Karriere wird vom Staat durch Elternurlaub und Elternzeiten gefördert, welche vorrangig von den Müttern genommen werden. Fast drei Jahre Auszeit oder Teilzeit, die sich dann noch fortsetzt, fördert keine Karriere und dies zu verlangen ist illusorisch, insbesondere in der Wissenschaft. Sie wartet nicht.
Auch Patienten wünschen sich gut ausgebildete Ärztinnen mit viel Erfahrung. Ein Widerspruch zu langen Auszeiten und zu 50% Arbeitszeit. Ehegattensplitting und Witwenrenten fördern dies weiter. Jungen Frauen muss die Bedeutung der Lebensarbeitszeit auf die Vermeidung späterer Altersarmut klar sein. Etwa 40% der Ehen werden geschieden, und schnell muss eine Frau dann ihren Lebensunterhalt wieder verdienen, nach Jahren von Auszeit ist das schwierig. Ein Blick in Nachbarländer zeigt, ausreichenden Kinderbetreuung ist möglich, nicht nur in Skandinavien, sondern auch in Frankreich und den Niederlanden. Kinder dieser anderen Länder sind weder dümmer noch mehr psychisch belastet als Kinder in Deutschland.
Ich sehe aber auch bei manchen Frauen eine „Fluchtbewegung“ aus dem definitiv anstrengenden Leben bei Kombination von Karriere und Kinder. Dies findet sich inzwischen auch bei jungen Männern. Leider muss ich sagen, dass können wir uns in qualifizierten Berufen nicht leisten! Wie Frau Dr. Merkel einmal feststellte: Wir haben wenig Bodenschätze, kein Öl, nur Ausbildung und Können!
Mein Rat daher:
Familie und Karriere ist zu vereinbaren (auch ohne Großeltern in der Nähe):
Möglich viel Präsenz in der Karriere.
Frühzeitig Kinderbetreuung organisieren oder organisieren lassen (Partner)
Besonders wichtig: Licht nicht unter den Scheffel stellen!!!
Viel Glück

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