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  • Susanne Baumann-Moroy

Das Bewerbungsgespräch rocken!

Aktualisiert: 19. Nov. 2022

Wir haben die Personalerin, Susanne Baumann-Moroy, getroffen und sie Rund ums Thema Bewerbung ausgefragt.

Susanne: Ich bin begeisterter Personaler. Ich habe nach einer Banklehre in Reutlingen und Reims Internationale Betriebswirtschaft studiert. Zuerst in Paris und dann in New York einige Jahre im Marketing gearbeitet. Zurück in Deutschland war ich als Headhunter in einer Personalberatung und habe dort viele Seiten des internatioinalen Recruiting kennengelernt. Nach einer Weiterbildung in HR und Arbeitsrecht begann meine Karriere als HR Generalist. Erst arbeitete ich einige Jahre in einer Unternehmensberatung und seit 2009 in Montreal an einer Universität, verantwortlich für die Personalarbeit einer Ingenieursfakultät. Heute, wie auch in Deutschland, habe ich verschiedenste Einstellungsgespräche von Interns [Anm.: Praktikanten] und Berufsanfängern bis hin zu erfahrenen Mitarbeitern geführt und dabei Stellen in der HR- oder Finanzadministration, im IT oder Medienthemen besetzt und Karrieren vom Empfang bis zum CEO begleitet.


Gemeinsam Aktiv: Hattest du einen Wendepunkt in deiner Berufswahl und wenn ja, wie sah der aus?


Susanne: Ich habe nach dem Studium zuerst im Marketing gearbeitet.

Als wir zurück nach Deutschland kamen, lernte ich einen Personalberater kennen – so hat man damals noch „Headhunter“ genannt - der mir vorschlug, in der Recherche in Teilzeit mitzuhelfen, bis ich wieder „einen richtigen Job hätte“. Das hat mir viel Spass gemacht, ich habe in dieser Stelle es aber bedauert, Kandidaten immer nur kennenzulernen kurz bevor sie die Stelle wechselten und ihre Karriere nach der Einstellung nicht weiter in den neuen Unternehmen zu begleiten. Es ist aber die längerfristige Zusammenarbeit, die die Arbeit im Personal interessant macht, finde ich. Als wir dann von Frankfurt wegzogen, beschloss ich mein allgemeines HR Wissen zu vertiefen und arbeitete seither in Personalabteilungen. Ich war zuerst HR Mitarbeiter in einer Beratung und bin heute in leitender Position an einer Universtität tätig. Ich habe diese Entscheidungen nicht bereut.

Gemeinsam Aktiv: Inwiefern spiegelt dich dein Lebenslauf als Person wider?


Susanne: Schwer zu sagen – ich war immer interessiert daran zu verstehen, was andere Menschen so umtreibt. Im Rahmen der Personalarbeit arbeitet man sicher ganz besonders intensiv mit anderen Menschen, man versucht ihr Verhalten, ihre Pläne und Entscheidungen zu verstehen, zu begleiten, zu beraten und durchaus auch zu beeinflussen – vielleicht mehr als in anderen Berufsbildern. Es gibt anstrengende und schwierige Themen, Gespräche und Entscheidungen, aber auch sehr viele positive Situationen und Entwicklungen, die langfristige und gute Beziehungen mit Kollegen und Vorgesetzten zur Folge haben. Das macht diese Arbeit besonders interessant und befriedigend, finde ich.


Die ideale Bewerbung passt auf die Ausschreibung. Ideale Kandidaten haben die Ausschreibung (und die Abteilung oder Firma dahinter) genau gelesen und gehen daher auf die gesuchten Aspekte in ihren eigenen Beschreibungen ein, können beschreiben, warum eigene Erfahrungen, Ausbildung, Kenntnisse, Werte, Vorstellungen auf diese Ausschreibung passen – benutzen viellleicht sogar eine ähnliche Sprache.

Gemeinsam Aktiv: Wie muss eine Bewerbung aussehen, damit sie in die engere Auswahl kommt?

Susanne: Sie muss für den, der sie liest, „interessant“ sein. Was macht eine Bewerbung „interessant“? Sie löst – hoffentlich – das Problem des Personalers, der sie liest und den Kandidaten einlädt! Nicht nur der Stellensuchende hat ein Problem (den idealen Job zu finden), auch der Personaler hat eines, nämlich Kandidaten zu finden und den Verantwortlichen vorzustellen, die Mitarbeiter suchen. Sie wollen nur Leute sehen, die gut oder sehr gut auf die ausgeschriebene Position passen. Die ideale Bewerbung passt auf die Ausschreibung. Ideale Kandidaten haben die Ausschreibung (und die Abteilung oder Firma dahinter) genau gelesen und gehen daher auf die gesuchten Aspekte in ihren eigenen Beschreibungen ein, können beschreiben, warum eigene Erfahrungen, Ausbildung, Kenntnisse, Werte, Vorstellungen auf diese Ausschreibung passen – benutzen viellleicht sogar eine ähnliche Sprache. Daher ist mein Tipp, sich unbedingt auch nur in Firmen oder auf Stellen zu bewerben, bei denen man sich diese Kombination gut vorstellen kann „ohne sich zu verbiegen“!


Gemeinsam Aktiv: Welche “Standardsätze” kannst du nicht mehr hören (sowohl in Bewerbung als auch Vorstellungsgespräch)?


Susanne: Ein Bewerbungsgespräch findet nur statt, wenn der Lebenslauf neugierig gemacht hat. Personaler suchen Gespräche, die Ihnen bestätigen, was sie sich von der schriftlichen Bewerbung erhofft haben: Kandidaten, die sich mit dem Thema tatsächlich befasst haben, die den Job verstanden haben (soweit das von [außen] möglich ist), diesen wollen und die sich engagiert vorbereitet haben auf das Gespräch.

Bewerbungsgespräche sollten auf Augenhöhe stattfinden, im ehrlichen Interesse ein Ergebnis zu finden, das für beide Seiten interessant ist. Der Stellensuchende will versuchen, den idealen Job zu finden, der Personaler den idealen Kandidaten. Keine Floskeln, keine Angeberei. Die Diskussion, ob man hier [ein] Match in dem spezifischen Bewerbungsgespräch gefunden hat, sollte so klar und ehrlich wie möglich erfolgen. Und falls man erkennt, dass der besprochene Job nicht passt, dann ist ja vielleicht der Kontakt nützlich für eine andere Stelle. Personaler haben oft sehr viele offene Stellen im Haus zu besetzen…


Gemeinsam Aktiv: Was muss ich bei Online-Bewerbungsgesprächen beachten?


Susanne: Die Situation unterscheidet sich meiner Erfahrung nach nicht von dem, was in einem persönlichen Gespräch wichtig ist: Vorbereitung, Pünktlichkeit, klare Gesprächsführung - und natürlich das getestete, funktionierende Computer-Umfeld.


In Einstellungsentscheidungen fließt auch immer Sympathie und Vertrauen.

Gemeinsam Aktiv: Wie “verkaufe” ich meine Stärken gut, ohne arrogant zu klingen? Wie gestehe ich mir Schwächen ein?


Susanne: Vorbereitung ist wichtig: Mit wem findet das Gespräch statt (Personaler, Manager, kuenftigen Kollegen...). Ich denke, man ist umso glaubwürdiger und erfolgreicher je mehr man weiß (über die Firma, die Stelle, die Gesprächspartner durch Websites, Social Media etc.). Ein Kandidat, der darüber nachgedacht hat, ob und wie er/sie dahin passt und sich Gedanken über das eigene Profil, Erfahrungen, Karrierewünsche gemacht hat, wird auch glaubwürdig darüber sprechen können. In Einstellungsentscheidungen fließt auch immer Sympathie und Vertrauen.

Gemeinsam Aktiv: Was sind No-Gos bei einem Bewerbungsgespräch? (Fragen, Klamotten, etc.)


Susanne: Je nach Stelle, Team oder Abteilung können die Vorstellungen darüber, was man für richtig oder falsch hält, stark variieren. Der ideale Kandidat wird sicher verstehen oder eine Vorstellung davon haben, was jeweils passt, und – wichtiger – ob er oder sie sich dort wohl fühlen [würde] und wahrscheinlich dorthin passen könnte und wollte.

Gemeinsam Aktiv: Darf ich lügen?


Susanne: Zu dieser Frage gibt es viele Informationen in Bewerbungsratgebern. Sie werden mit gesetzlichen Beispielen argumentieren. So sollte der Arbeitgeber keine Fragen zu Schwangerschaftsthemen stellen, und sollte das doch geschehen, dürfen Bewerber lügen... Aber vielleicht will man gar nicht erst in einer Firma/ Stelle arbeiten, wo sich solche Fragen bereits in dem Einstellungsgespräch stellen?

Das Ziel dieser Fragen wird immer das Verstehen der gegenseitigen Erwartungen sein, also noch Unbekanntes so gut wie möglich abzuklären, also z.B. gegenseitige Erwartungen an Arbeitsstil, Werte, Ansprüche oder auch das Führungsverhalten.

Gemeinsam Aktiv: Wie zeige ich Interesse, welche Fragen kann ich stellen?


Susanne: Ich denke, Fragen ergeben sich in der Logik meiner vorhergehenden Antworten. Bei guter Vorbereitung sind die meisten Fragen logisch und das Interesse an ihren Antworten ehrlich und authentisch. Das Ziel dieser Fragen wird immer das Verstehen der gegenseitigen Erwartungen sein, also noch Unbekanntes so gut wie möglich abzuklären, also z.B. gegenseitige Erwartungen an Arbeitsstil, Werte, Ansprüche oder auch das Führungsverhalten. Fragen, deren Antworten bekannt, nachzulesen oder zu diesem Zeitpunkt schlicht überflüssig sind, beeindrucken keinen.

Gemeinsam Aktiv: Welche Taktik wende ich bei schwierigen Fragen an (Gehalt, “diplomatische” Zusagen)?


Susanne: Wie bei allen wichtigen Entscheidungen, so ist auch hier Vorbereitung sinnvoll. Man kann den Marktwert von Stellen, Gehaltsbänder, eigene Gehaltsentwicklung etc. weitgehend vorher abklären. Auch hier gilt: Man kann auf Augenhöhe sprechen. Ein guter Personaler wird fähig sein, ein Angebot gut zu begründen. Und: Man will sicher auch in einem Umfeld arbeiten, in dem bestehenede Mitarbeiter in ihren Gehältern überlegt und fair zu neuen passen...


So ist es in Kanada zum Beispiel selten Angaben zum Familienstatus, Geburtsdatum oder Bilder zu sehen, dies wird in den Bewerbungsführern auch nicht empfohlen, da es das Ziel ist, möglichst fair und neutral Bewerber nach ihrer Qualifikation für die Stelle auszuwählen.

Gemeinsam Aktiv: Du hast ja Erfahrungen in mehreren Ländern, sind dir da bei Bewerbungen kulturelle Unterschiede zwischen Deutschland und USA/Kanada aufgefallen? Sowas wie z.B. dass es hier immer noch Fotos auf dem Lebenslauf gibt.


Susanne: Ja, es gibt Unterschiede. So ist es in Kanada zum Beispiel selten Angaben zum Familienstatus, Geburtsdatum oder Bilder zu sehen, dies wird in den Bewerbungsführern auch nicht empfohlen, da es das Ziel ist, möglichst fair und neutral Bewerber nach ihrer Qualifikation für die Stelle auszuwählen. Sorge ist, dass solche privateren Angaben oder das Aussehen von der Qualifikation ablenken oder weitere Auswahlkriterien anbieten.

Hier ist mein Rat, aktuelle Bewerbungsratgeber, Tutorials, Webinfo anzuschauen und davon zu übernehmen, was man selbst am liebsten mag. Das gilt auch und besonders für die Auswahl des Designs, wie der Lebenslauf oder das Begleitschreiben aufgebaut werden können. Die Präsentation kann bei Positionen besonders wichtig sein, für die Geschmack und Design-Interesse oder -Verständnis der Kandidaten eine größere Rolle spielen.

Aber in jedem Fall gilt – Inhalt schlägt Präsentation. Ein fehlerfrei geschriebener, inhaltlich klarer und zur Stelle passender Lebenslauf in langweiligen Word Paragraphen wird für den Personaler mit oder ohne private Angaben lesenswert sein.


Gemeinsam Aktiv: Vielen Dank für das Interview.



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